Die Anspruchs- und Erwartungshaltung von Gen Z-Schülern im Finanzsektor

Morphologische Analyse der Anspruchs- und Erwartungshaltung bei der Jobsuche von Schülern der Generation Z im Finanzsektor am Beispiel von Auszubildenden einer Sparkasse.

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Tale Delfs absolvierte im Jahr 2020 den Bachelorstudiengang der Wirtschaftspsychologie an der Business & Law School Hamburg. Sie hat vor Beginn des Studiums selbst die Bankausbildung bei der untersuchten Sparkasse abgeschlossen und war während der Untersuchung im Personalbereich tätig. Nach Abschluss ist sie jetzt als Referentin für Personalbetreuung in der Finanzbranche tätig und arbeitet im Employer Branding weiter an ähnlichen thematischen Maßnahmen.

Kontakt: tale-delfs@web.de

Morphologische Analyse der Anspruchs- und Erwartungshaltung bei der Jobsuche von Schülern der Generation Z im Finanzsektor am Beispiel von Auszubildenden einer Sparkasse

Einführung in die Thematik

Mit dem aktuell herrschenden Fachkräftemangel, der demografischen Entwicklung und den unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen einzelner Generationen, ist es für Unternehmen heutzutage nicht leicht, qualifiziertes Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden (Lorenz & Rohrschneider, 2009). Dabei gestaltet sich explizit der Aspekt mit den Anforderungen und Erwartungen schwierig, da diese über die Generationen hinweg variieren. In Verbindung mit der Jobsuche fallen immer häufiger die Begriffe Digitalisierung und Homeoffice. Dabei scheinen gerade Sparkassen, als eher traditionsorientierte Unternehmen, sichtlich Probleme zu haben, sich diesem schnelllebigen und innovativen Wandel anzupassen und haben mit entsprechend hartnäckigen Vorurteilen und dem aktuellen Arbeitnehmermarkt zu kämpfen (Trendence, 2022). Trotz dieser Aspekte entscheiden sich Schüler der Generation Z für eine Ausbildung im Bankenbereich. Daraus resultierend stellt sich die Frage, welche Motivation hinter der Entscheidung steckt, diesen Beruf auszuüben und auf welchen Anforderungen und Erwartungen diese basiert. Dadurch, dass die heutigen Angebote immer vielfältiger und differenzierter sind und die Entscheidung für eine Berufsidentität mit einer großen Tragweite bezüglich der eigenen Zukunft einhergeht, versteht sich der Übergangsprozess zwischen der Schul- und der Arbeitswelt als äußerst komplex und herausfordernd (Hinterding, 2020). Basierend auf der morphologischen Betrachtungsweise, durch welche seelische Sachverhalte und Bedeutungszusammenhänge dargestellt und zu interpretiert werden können, und mithilfe der Methodik qualitativer Interviews, welche es ermöglichen neue Erkenntnisse zu gewinnen, wurde anhand von sechs Auszubildenden einer Sparkasse exploriert, welches Lösungsangebot dieses Finanzunternehmen den Schülern der Generation Z in diesem Übergangsprozess bietet (Lamnek & Krell 2010; Mayring, 2016). Dabei unterteilt sich die Stichprobe in drei männliche und drei weibliche Probanden, welche sich zum Zeitpunkt der Untersuchung im ersten und zweiten Ausbildungsjahr befanden.

 

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Kontrollierte Unentschiedenheit

Durch den sich ausbreitenden Entwicklungswunsch, endlich starten zu können, gepaart mit dem dringenden Bedürfnis nach Absicherung durch Entscheidung, wird ein immer größer werdender Druck auf den Jobsuchenden selbst ausgeübt. Um eine Entlastung herbeizuführen, muss eine schnelle Entscheidung her.

Um die Kontrolle dabei nicht zu verlieren, wird eine schnelle Abhandlung der Jobsuche anvisiert. Dabei versucht man im aktuellen Moment die optimale Balance aus Zeit, Chance und Sicherheit zu erzielen. Es wird nach einer Arbeit gesucht, welche durch ihre Struktur und Stabilität ein Gefühl von Kontrolle verspüren lässt. Der Finanzbereich vermittelt durch die Assoziation mit Geld und Erfolg Stabilität und Struktur und symbolisiert zudem Macht, was ein Gefühl von Kontrollfähigkeit signalisiert. Die Ausbildung erscheint als ein sicherer Weg, da sie landesweit anerkannt ist und zudem einen strukturierenden Aspekt im Gegensatz der Selbstorganisation eines Studiums bietet. Es wird jedoch zunehmend deutlich, wie viel Respekt gegenüber dem Finanzbereich herrscht. Denn dieser Sektor erweist sich als zweiseitige Medaille, welche zwar einerseits Erfolgsversprechen bereithält, indem er erfolgreiche Persönlichkeiten vorweisen kann, jedoch andererseits stets mit Druck, enormen Anforderungen und auch hoher Leistungsforderung assoziiert wird. An dieser Stelle scheint die Sparkasse als hilfreiche Brücke in die Arbeitswelt der Finanzen zu fungieren. Sie kann einerseits durch ihre Beständigkeit den Sicherheitsaspekt erfüllen und andererseits durch ihre familiäre Darstellung das Gefühl von Unterstützung vermitteln.

Deutlich zeigt sich aber auch die Kehrseite des ausbreitenden Verlangens nach Kontrolle. Man wird fortwährend mit der Ungewissheit über die eigene Zukunft  konfrontiert und verfängt sich in einem komplexen Konstrukt bestehend aus Chancen und Risiken. Erschwerend kommt zusätzlich die Angst dazu, ob die getroffene Berufswahl für einen selbst richtig und zugleich profitabel ist. Durch den herrschenden Entscheidungsdruck aufgrund vorangeschrittener Zeit wird sich zwar mit der Jobsuche beschäftigt, jedoch wird versucht, möglichst lange in der Entwicklungsphase zu verweilen, indem die Entscheidung über das berufliche Endziel so lange wie möglich offengehalten wird. Es wird sich nicht für einen festen Karriereweg, sondern für Berufe mit Karriereoptionen entschieden. Auf diese Weise ermöglicht man sich eine Entscheidungsverschiebung. Je mehr Optionen man für spätere Karrierewege hat, desto besser. An dieser Stelle offenbart der Finanzbereich als ein großer Pool an (Karriere)-Optionen und scheint somit die beste Entscheidung zu sein. Eine Bankausbildung deckt durch die breite Aufstellung von Finanzen und Versicherungen, über Anlagen bis hin zu Immobilien, den größtmöglichen Anteil der Optionen dieses Sektors ab. Als Bank kann die Sparkasse dies ebenfalls gewährleisten. Zudem ist sie, durch ihre breite Aufstellung, nicht mit einem festen Berufsbild verbunden und verlangt dementsprechend keine endgültige berufliche Entscheidung.

Die Probanden befinden sich bei ihrer Jobsuche in einem Übergangsprozess „zwischen zwei Welten“. Da gibt es auf der einen Seite die Kindheits- bzw. Schulwelt, bei welcher sie frei, ohne Druck und behütet aufgewachsen sind und in der sich auch zum jetzigen Zeitpunkt noch befinden. Auf der anderen Seite gibt es die derzeit noch „unberechenbare“ Erwachsenen- bzw. Arbeitswelt, welche durch die mit ihr verbunden Entscheidungen und Verantwortungen Ängste des Scheiterns auslösen. Es ist das Zweifeln an dem eigenen Können und die Angst in der großen Erwachsenenwelt „nicht zu überleben“. In dem Wissen, dass man der Schritt aber gehen muss, verlangt das Seelische nach Absicherung, um den Übergang zulassen zu können. Daraus resultierend wird nach einem Sicherheitsanker in der neuen Welt gesucht, welcher Halt verspricht. Eine Ausbildung im Finanzbereich scheint durch dessen strukturellen und beständigen Aufbau die ersehnte Sicherheit zu gewähren und gleichzeitig über den wirtschaftlichen und finanziellen Aspekt eine gewisse Stabilität zu garantieren. Wenn man jedoch noch keine genaueren Vorstellungen zum eigenen beruflichen Werdegang hat, verstärkt sich die Angst im großen Finanzbereich unterzugehen und führt dazu, dass man sich verzweifelt an die Kindheitswelt klammert. An dieser Stelle verspricht die Sparkasse, einen auf den gefürchteten Finanzbereich vorzubereiten. Durch den familiären Zusammenschluss belebt die Sparkasse Nähe und führt eine sukzessive Annährung an das eigene Können vor. Es dürfen Ängste erfahrbar gemacht werden, mit dem gleichzeitigen Versprechen, diese gemeinsam zu lösen. Sie verhilft damit zur emotionalen Eindämmung der Ängste und Stärkung des Selbst. So wird ein sanfter Einstieg in die große Wirtschaftswelt ermöglicht und der ersehnte Anker als Sicherheit angelegt.

Eine Entscheidung für einen beruflichen Werdegang erfährt jedoch Schwierigkeiten, wenn man kein festes Berufsziel vor Augen hat. An dieser Stelle muss der Entscheidungsprozess vereinfacht werden. Hierzu wird die Jobsuche in mehrere Stationen unterteilt. Es geht nicht mehr darum, sich für einen endgültigen Weg, sondern immer nur für die nächste anstehende Station zu entscheiden. Somit findet eine Komplexreduktion statt, indem kleinere erreichbare Ziele gesteckt werden, ohne dass man sich direkt für ein Endziel entscheiden muss. Damit lassen sich gleichzeitig die vielfachen überfordernden Möglichkeiten fortlaufend eingrenzen. Dabei zeigt sich deutlich, dass in beruflicher Hinsicht kein individueller und persönlicher Weg bevorzugt wird. Es geht zunächst vielmehr darum, erstmal einen „Fuß in die Tür“ der Arbeitswelt zu bekommen. Um sich nun aber nicht mühselig durch den dichten Dschungel der Entscheidungen zwischen der Vielfalt dieses Bereiches kämpfen zu müssen und schnell in die Berufswelt einsteigen zu können, wird verstärkt nach gegangenen geschaut und sich an bereits bewährten Wegen nahestehender Personen orientiert, bei welchen man nur noch in vorhandene Fußstapfen treten muss. Dabei scheint der einfachste Weg der in den Finanzbereich zu sein. Es ist die breite Aufstellung dieses Sektors, welches Unmögliches möglich macht, indem er einen Pool an Optionen aufweist. Das ermöglicht, sich „frei zu fühlen“ und bringt Beweglichkeit ins Spiel. Über diese Art und Weise kann Bestehendes in der Jobsuche über den Finanzbereich in Entwicklung kommen, ohne das wirkliche Entscheidungen getroffen oder klare berufliche Wege verfolgt werden. Man kann also liquide im Dazwischen bleiben, indem man entschieden unentschieden ist. Dabei schafft es die Sparkasse als Teil des Finanzbereiches dessen größtmöglichen Anteil an Optionen abzudecken und erschafft so den Freiraum, welcher die Zergliederung des Entwicklungsbildes ermöglicht, ohne das Ganze dabei aufzulösen. Sie verkleinert also das große Bild des Finanzbereiches und macht diesen so bewältigbar.

Es ist unser gesellschaftlich geprägtes Ziel, das Leben nach eigenem Belieben gestalten zu können. Diese Gestaltungsmacht kann jedoch nur über eine erfolgreiche Jobsuche erlangt werden und gilt somit als Maßstab, „ob man es im Leben geschafft hat oder nicht“ und symbolisiert Chance und Risiko zugleich. Denn die Jobsuche stellt sich als ein Labyrinth aus Kreuzungen, Abzweigungen und auch Sackgassen heraus. Nicht jeder Weg führt zum erwünschten Ziel und es gibt auch „keinen optimalen Weg“, um dieses zweifelsfrei zu erreichen. Meist kann die Verlockung einer scheinbaren Abkürzung verheerende Folgen haben und einen in den Fängen der Jobsuche verenden lassen. Entsprechend baut sich ein immenser Entscheidungsdruck auf, welcher im Entwicklungsprozess ein Gefühl von Machtlosigkeit hervorruft und in eine Leidensprozedur mündet. Der dadurch ausgelöste Kampf des Entscheiden-Müssens beim eigentlichen nicht Entscheiden-Wollen führt zu einem „Wettlauf gegen die Zeit“, was den Entwicklungsdruck noch weiter verstärkt. Sich an dieser Stelle für den großen, mächtigen und einflussreichen Finanzbereich zu entscheiden, kann helfen, den leiderfüllten Entscheidungsdruck in Macht zu transformieren. Durch die Assoziation von Geld, Macht und Einfluss mit diesem Bereich, verspricht man sich, mit dem dort erlernten Knowhow und dem erlangten wertvollen Wissen ebenfalls zu Stärke und Macht zu kommen. So kann man den Entscheidungsdruck über die Transformation loswerden, in einem Plot Twist die Macht über den Prozess der Jobsuche gewinnen und so über das eigene Leben regieren. Die Sparkasse stellt an diesem Punkt den optimalen Zugang zur Gestaltungsmacht dar, weil sie keine Gegenleistung, z.B. in Form von überfordernden Leistungen, abzuverlangen scheint.

Aufgrund des Wissens der Tragweite der eigenen Entscheidung, versucht man die Jobsuche so lange wie möglich unter der Oberfläche zu halten. Dabei findet eine unbewusste Eingrenzung des Entscheidungsprozesses statt, indem man beispielsweise Bewerbungsfristen verstreichen lässt, um so seine Auswahlmöglichkeiten einzugrenzen. Jedoch drängt das Seelische mit vorangeschrittener Zeit immer mehr auf eine Entscheidung und entfacht einen

exponentiell wachsenden Druck. Um hier eine Entlastung herbeizuführen, muss der Entscheidungsprozess so „simpel und kurz wie möglich“ gestaltet werden. Auf diese Weise können Zweifel von möglichen falschen Entscheidungen eingedämmt werden. Daran lässt sich beispielsweise auch das Phänomen erklären, dass „kaum eine Auseinandersetzung“ mit bei dem sich beworbenen Ausbildungsbetrieb stattfindet. Man bedient sich einer Komplexreduktion, indem man die Entscheidung so klein hält. Eine tiefergehende Beschäftigung mit der Zukunft würde eher als störend im Entscheidungsprozess empfunden werden und zeigt auf, wie oberflächlich die Wahl getroffen wird. Diese Glättung der Entscheidung spielt dem Bild der Sparkasse zu. Denn es kommt zwar zu einer sukzessiven Entschiedenheit, die eigentlich verhindert werden will, jedoch erlaubt die Sparkasse, als Teil des Finanzbereiches, Verwandlung, ohne dass sie Entscheidung fordert. Es ist das Entwicklungsangebot „liquide zu bleiben“, da sie nicht mit einem feststehenden zusammenhängenden beruflichem Zukunftsbild verbunden ist und so einen (imaginären) Freiraum ermöglicht. In diesem ist es möglich, sich auszuprobieren und zu orientieren, ohne dabei gleich eine feste Entscheidung treffen zu müssen. Somit verspricht sie Vielfalt in Lebensphasen, in welchen alles unklar scheint und auf Entscheidung drängt und bietet eine Lösung, diesem Druck zu entkommen, indem sie die endgültige Entscheidung verschiebt, also prolongiert.

Als Ausgangspunkt der seelischen Architektur stellt sich ein träumerisches Paradies auf, welches ein Leben in Sorglosigkeit und vollendeter Erfüllung verspricht. Dabei stellt die Jobsuche den Weg zum Paradies dar. Sie ist es, die einem zu den träumerischen Zielen verhelfen kann. Der Finanzbereich formt sich mit seinen „grenzenlosen Möglichkeiten“ zu einem wertvollen und äußerst verlockenden Diamanten. Man verspricht sich immense Verdienstaussichten und „wertvolles Wissen“, welches es ermöglichen soll, seinen Alltag konsequenzlos zu gestalten. Der Einstieg in die Arbeitswelt im Finanzbereich scheint also eine Eintrittskarte fürs „Leben leben“ zu sein, da man durch sie seinen Alltag nach Belieben finanzieren kann. Hierfür scheinen auch Einschränkungen, durch beispielsweise lange Arbeitszeiten, gerechtfertigt zu sein. Der finanzielle Aspekt des Finanzbereiches soll die Fantasien des Seelischen ermöglichen und beim Überschreiten von scheinbar unüberwindbaren Grenzen helfen. Alles, was die Träumereien zu beenden droht, wird verlacht, negiert oder einfach übergangen. Das Zurechtrücken ist notwendig, um Bedenken ausblenden zu können. Die Auswahl der Sparkasse als Ausbildungsunternehmen in diesem Bereich lässt sich unter anderem auf den Aspekt zurückführen, dass alle Probanden bereits früh in irgendeiner Art und Weise in Verbindung mit diesen Unternehmen standen. Somit konnte sie sich als primäres und repräsentatives Unternehmen für diesen Sektor durchsetzen und in den Köpfen der Probanden fest etablieren.

Durch die Konfrontation mit der Realität wird verdeutlicht, wie gering die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen der eigenen Träume ist, welche Risiken mit diesen verbunden sind und auch welchen Preis man für die Erlangung dieser zahlen muss. Dementsprechend sucht das Seelische nach Abkürzungen in den beruflichen Werdegängen, die einen einfachen Einstieg in die harte und umkämpfte Arbeitswelt gewährleisten sollen. Man möchte sich nicht durchkämpfen müssen, sondern viel lieber geschickt an den anderen vorbeischleichen. An dieser Stelle kommt die Sparkasse ins Spiel. Sie scheint durch ihre lockere Einstellung, denn sie erlaubt z.B. das „Tragen von Sneakern“ in solch einem seriösen Bereich, und ihr wertschätzendes und nahes Miteinander, z.B. dass selbst der kleine „Azubi den Vorstand duzen darf“, eine abgeschwächte Form des Finanzbereiches darzustellen. Man taucht in eine eigene Art Welt des Finanzbereiches ein, wo scheinbar kaum Stress vorhanden ist, Fehler akzeptiert und toleriert werden und „man nicht dazu gezwungen ist, sich anzupassen, sondern sich persönlich entfalten kann“. Es wirkt wie ein Versprechen, die Möglichkeiten, das Erfolgreiche, sowie den scheinbar leichteren Weg, seinen Träumen ein Stückchen näher zu kommen, zu vereinbaren, indem sie Chancen erhöht und Schwierigkeiten negiert. Dadurch, dass die Sparkasse im Vergleich zu anderen Unternehmen aus dem Finanzsektor verhältnismäßig klein ist und dementsprechend eher weniger mit den erforderlichen Karrierechancen zur Erreichung der erträumten finanziellen Freiheit in Verbindung steht, wird deutlich, wie risikoavers die Probanden sind. Demnach gibt man sich auch mit dem Optimum für den Zeitpunkt zufrieden, statt dem Ideal im Allgemeinem nachzuhängen. Man gibt sich lieber mit weniger zufrieden, als bei dem Warten auf Besseres, den Kampf gegen die Zeit zu verlieren und so am Ende mit nichts dazustehen.

Wie verhandelt Seelisches die Tendenz nach Absicherung beim gleichzeitigen Verlangen nach Entwicklung?

Bei der Konfrontation mit der eigenen Anspruchs- und Erwartungshaltung an die Jobsuche im Finanzbereich, gerät das Seelische in ein komplexes Verwandlungsproblem hinein. Der scheinbar optimale Kompromiss, in welchem alles zusammenkommen soll, erfährt Schwierigkeiten. Man möchte einerseits seinen Träumen von der Erwachsenenwelt nachkommen, aber andererseits noch im Kindlichen verharren, weil man sich für diese Welt noch nicht bereit fühlt. Es sind die Entwicklungsängste, welche sich ausbreiten und einen zögern lassen, die anvisierten Optionen zu ergreifen. Obwohl man sich eine strahlende Zukunft herbeisehnt, fühlt man sich gleichzeitig im Erwachsenwerden überfordert. Einerseits zeigt sich der Anspruch, dass der anstrengende Prozess der Jobsuche möglichst kurz, zielführend und entschieden abgehandelt werden will. Man möchte schnellstmöglich das erträumte Ziel der Gestaltungsmacht über das eigene Leben erreichen. Es ist der Entwicklungstraum in die große Erwachsenen- bzw. Arbeitswelt einzutreten, diese in ihrer Vielfalt zu entdecken und dabei zu wachsen. Auf der anderen Seite zeigt sich zeitgleich die Entwicklungsangst, durch die schnelle Entschiedenheit einen falschen Weg einzuschlagen, welcher nicht zum erhofften Ziel führt. Somit offenbart sich die Sehnsucht, noch ein wenig in der Kindheitswelt zu verharren, in welcher man möglichst frei von Verpflichtungen und schweren Entscheidungen ist. Damit einhergehend entwickelt sich das Bedürfnis, sich nicht entscheiden zu müssen und die Erwartungshaltung, sich in der Vielfalt der Optionen im Entwicklungsprozess verstecken und so möglichst lange unentschieden bleiben zu können. Es wird gespürt, dass Festlegung wichtig wird und zugleich Entwicklungsbilder noch nicht zu fest werden dürfen. Demnach lässt sich die Jobsuche im Finanzbereich als einen anstrengenden und komplexen Prozess des Seelischen charakterisieren, bei welchem das Seelische durch das Zusammenbringen von Entwicklungsträumen und Entwicklungsängsten vor ein grundlegendes Problem in der Gestaltbildung gestellt wird, welches nach alltäglicher Bewältigung verlangt. In ihrer Zusammensetzung gelingt es der Sparkasse, durch ihre festen Strukturen und Standhaftigkeit, Sicherheit verspüren zu lassen und durch ihre breite Aufstellung im Finanzbereich eine Vielfalt an Berufsoptionen zu offenbaren. Es wird versichert, dass Ansprüche und Erwartungen in Balance gehalten werden können, indem Entschiedenheit für die Unentschiedenheit zusammengeführt wird. So soll die Sparkasse die Vielfalt der Entwicklungsmöglichkeiten bewahren, indem sie ungeahnte Möglichkeiten anbietet, ein noch unbestimmtes Entwicklungsbild zulässt und gleichzeitig Absicherung garantiert. Auf diese Weise kann der Druck, welcher sich durch das Beschreiten der Jobsuche aufgebaut hat, erleichtert werden. Indem sie die beiden Züge des Entwicklungstraumes und der Entwicklungsangst vereint, lässt sie einerseits eine Entscheidungsverschiebung zu und hilft gleichzeitig (schrittweise) in eine Entschiedenheit zu kommen. Somit verspricht sie eine betreute Entwicklung(-shilfe) und ermöglicht gleichzeitig, großen Entwicklungsträumen nachzugehen.

 

Limitationen

Die in diesem Beitrag vorgestellten Erkenntnisse sind Ergebnisse einer empirischen Studie, die als Bachelor-Thesis zum Abschluss des Studiums der ‚Wirtschaftspsychologie‘ an der BSP durchgeführt wurde. Um homogene Ausgangsbedingungen zu schaffen, wurde diese qualitative Untersuchung anhand nur eines Unternehmens durchgeführt und kann somit können die Ergebnisse nicht ohne weiteres pauschal auf die Sparkassenorganisation bzw. einzelne Sparkassen, andere Banken oder auch Unternehmen im gleichen oder anderen Branchensegmenten generalisiert werden. Durch den Aspekt, dass nur Auszubildende als Probanden ausgewählt wurden, begrenzen sich die Erkenntnisse zudem speziell auf den Übergangsprozess zwischen Schul- und Arbeitswelt.

Delfs, T. (2023). Morphologische Analyse der Anspruchs- und Erwartungshaltung bei der Jobsuche von Schülern der Generation Z im Finanzsektor am Beispiel […]. Bachelorarbeit, unveröffentlicht.

Hinterding, S. (2020). Studienwahl als Selbstbehandlungsprozess: Eine tiefenpsychologische Analyse der Gründe für die Auswahl der Wirtschaftspsychologie als Bachelorstudiengang [Dissertation, Universität zu Köln]. Kölner UniversitätsPublikationsServer. https://kups.ub.uni-koeln.de/30001/

Lamnek, S. & Krell, C. (2010). Qualitative Sozialforschung. Weinheim/Basel: Beltz Verlag.

Lorenz, M. & Rohrschneider, U. (2009). Erfolgreiche Personalauswahl: Sicher, schnell und durchdacht. Wiesbaden: Springer Verlag.

Mayring, P. (2016). Einführung in die qualitative Sozialforschung: eine Anleitung zu qualitativem Denken (6., überarbeitete Auflage). Weinheim/Basel: Beltz Verlag.

Trendence Institut GmbH (2022). Arbeitgeberanalyse 2022 Schüler_innen Sparkassen.

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Tale Delfs absolvierte im Jahr 2020 den Bachelorstudiengang der Wirtschaftspsychologie an der Business & Law School Hamburg. Sie hat vor Beginn des Studiums selbst die Bankausbildung bei der untersuchten Sparkasse abgeschlossen und war während der Untersuchung im Personalbereich tätig. Nach Abschluss ist sie jetzt als Referentin für Personalbetreuung in der Finanzbranche tätig und arbeitet im Employer Branding weiter an ähnlichen thematischen Maßnahmen.

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